DAS REGIMENT

Abb. Heereszug der Landsknechte von Erhard Schoen eine aus 10 Blättern bestehende Serie, gedruckt in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Nürnberg

Das Regiment wird als eine Art selbstständiger Verband von verschiedenen militärischen Einheiten verstanden. Regimente wurden – im Gegensatz zu stehenden Heeren, welche im Spätmittelalter noch die vorherrschende Form der Kriegsführung waren –  nur für die Dauer einer Kriegshandlung aufgestellt. Das machte sie besonders attraktiv, da sie nur während des Kriegs bezahlt werden mussten. Der Kriegsherr engagierte einen Obristen, welcher für ihn ein entsprechendes Heer aufstellte und anwarb. Die sogenannten Söldnergruppen schlossen sich dem an, welcher am meisten Sold bezahlte. Somit vollzog sich in Europa, die gesellschaftliche Entwicklung des Söldnerwesens, welche ihre Ursprünge im Reisläufertum in der Schweiz hatte.

Ein Regiment umfasste ca. 4000 Kriegsknechte, welche in bis zu 10 Fähnlein aufgeteilt wurden. Zusätzlich umfasste es noch Artillerie, Reiterei, sowie einen großen Staab Verwaltung und einen Tross. Landsknechtheere organisierten, verwalteten und versorgten sich selbst. Hinzu kam ein eigenes System der Rechtsprechung. Regimente waren daher ein diverser Haufen aller möglichen Berufsgruppen, wie z.B. Berufssöldner, kämpfende Knechte, Beamte, Händler, Köche, Familienmitglieder der Landsknechte und Personen, welche sich für alle möglich anfallenden Dienste anboten.

Wir haben dir hier eine Übersicht aller Einheiten und Ämter im Regiment erstellt. Klicke auf die einzelnen Felder, um mehr über diese Personen zu erfahren und direkt zur richtigen Stelle im Text zu gelangen! Über den Texten findest du sowohl historische Bilder, als auch Bilder von unseren Veranstaltungen.

FÜHRUNG und VERWALTUNG

DER OBRIST

Der Obrist war der oberste Feldbefehlshaber eines Regiments und direkt dem Kriegsherrn unterstellt. Ihm oblag die gesamte Rekrutierung und Führung des Regiments, wobei er die Ernennung der Offiziere und Auswahl der Kriegsknechte selbst übernahm. Von seinem Geschick bei dieser Auswahl hing der Erfolg des Kriegsvorhabens ab. Da die Kriegskassen damals nicht allzu voll waren, war eine hohe Qualifikation und ein guter Ruf des Obristen unabdingbar, um schnellstmöglich ein großes Heer mit hoher Kriegsbereitschaft rekrutieren zu können.

Der Obrist musste neben der militärischen Führung auch die Logistik und Verwaltung des Regiments organisieren. Ebenso musste er durch wirtschaftliches Geschick und Unterstützung seiner Beamten den Haushalt gut im Auge behalten, um den nötigen Sold für die Kriegsknechte zahlen zu können, um eine sonst drohende Meuterei abwenden zu können. So war es nicht unüblich, dass ein Obrist einen Kredit für den Sold aufnahm oder sogar sein eigenes Hab und Gut für eben jenen verpfändete. Sollte ein Kriegsvorhaben scheitern, war der Obrist dem Kriegsherrn die Rückzahlung des Soldes schuldig.

DER LOCOTENENT

Der Locotenent war der Stellvertreter des Obristen. Er war in der Regel ein besonders erfahrener Hauptmann und selbst Führer eines Fähnleins. Ihm oblag in Abwesenheit des Obristen die oberste Befehlsgewalt über das Regiment. Zudem war der Locotenent hauptverantwortlich für alle militärischen Operationen. Er überwachte die Ausbildung und Drills der Söldner, brachte das Heer in eine streitkräftige Form und führte das Regiment in die Schlacht. Der Locotenent war für die taktische Umsetzung des Kriegsvorhabens entscheidend. Er entwarf Taktiken und Strategien und führte diese durch, suchte die strategisch beste Stellung heraus und wies die Hauptleute im Kampf an. Ihm unterstanden neben den 10 Fähnlein auch die Artillerie und die Reiterei.

DER STAAB

Dem Obristen stand ein persönlicher Staab von Beratern und Funktionsträgern zur Seite. Zu diesem Staab gehörten unter anderem der Pfennigmeister, der Quartiermeister und der Profandmeister. Diese Positionen waren elementar wichtig, um die Regimenter zu führen. Der Quartiermeister war für die Planung und Organisation des Feldlagers zuständig. Er suchte einen strategisch sinnvollen Lagerplatz, teilte diesen ein und organisierte den Aufbau und das Verschanzen des Lagers. Ihm unterstanden auch die Fuhrleute des Trosses. Der Profandmeister war für die leibliche Versorgung der Söldner zuständig. Er organisierte die Beschaffung und den Transport der Lebensmittel und sorgte in Abstimmung mit dem Hurenwaibel für die Verpflegung der Söldner. Der Pfennigmeister – auch Schatzmeister genannt – war zuständig für die Verwaltung der Kriegskasse. Er hatte den genauen Überblick über Einnahmen und Ausgaben und sorgte in Absprache mit dem Obristen für die ‚wirtschaftliche‘ Organisation eines Regiments.

DIE RECHTSPRECHUNG

DER SCHULTHEISS

Der Schultheiß wurde vom Obristen ernannt: In seine Hände wurde die Ausübung der Gerichtsbarkeit über die Landsknechte gelegt. Der Schultheiß war meist ein frommer und ehrbarer Mann in reiferem Alter.  An seine Ernennung war die Bedingung geknüpft, dass er zuvor als Hauptmann mustergültig ein Fähnlein geführt und sich während dieser Zeit Kenntnisse über das Leben und die Gewohnheiten der Landsknechte erworben hatte. Dies wurde vorausgesetzt, um ein gerechtes Urteil im Sinne des Regiments garantieren zu können. Er durfte kein ausgebildeter Jurist sein. Sein Urteil war auf ‚das allgemeine Selbstverständnis des natürlichen Rechts‘ gegründet. Er war Vorsitzender des Schultheißengerichtes, welches sich aus den Hauptleuten, den Fähnrichen und den Feldwaibeln, sowie den von ihm ernannten Schöffen des Regimentes zusammensetzt. Der Schultheiß verhandelte schwerwiegende Vergehen gegen die Kriegsartikel, welche oftmals mit dem Tode bestraft wurden. Zu seinen Aufgaben gehörten zusätzlich das Verlesen der Kriegsartikel und die Vereidigung der Landsknechte auf diese nach deren Anwerbung und Musterung. Zudem schrieb und siegelte er die Testamente der Söldner und ließ sie den Hinterbliebenen zukommen.

GERICHTSSCHREIBER, GERICHTSWEYBEL, GERICHTSLEUT

Zum Staab des Schultheißens gehörten der Gerichtsschreiber, der Gerichtsweybel und die Gerichtsleut. Der Gerichtsschreiber war ein Protokollant, welcher Verhandlungen im Gerichtsbuch genauestens dokumentierte. Zudem verlas er bei Bedarf für die Verhandlung relevante Schriftstücke. Er saß stets neben dem Schultheiß. Der Gerichtsweybel war ein untergeordneter Amtsträger, welcher vielfältige Aufgaben in der Rechtsprechung übernahm. Einer seiner Hauptaufgaben war das Einberufen des Gerichts und das Aufstellen des Regiments für die Verhandlung. Er stand immer neben dem Schultheißen, um dessen Befehle schnellstmöglich umzusetzen. Die Gerichtsleut waren Vertreter der Fähnlein, die vom Fähnlein bestimmt und gemustert wurden. Sie waren die Vertretung der ‚einfachen Söldner‘ und sollten eine faire Rechtsprechung gewährleisten.

EXEKUTIVE und TROSSFÜHRUNG

DER PROFOSS

Der Profoss war die oberste Ordnungsmacht in einem Regiment. Er sorgte für Disziplin, Ruhe und Ordnung im Regiment. Ihm unterstand der Stockmeister mit seinen Steckenknechten und der Hurenwaibel. Die Verurteilung kleiner Verstöße, wie Wachvergehen, durfte er selbst richten und bestrafen. Zudem erhob er Anklagen vor einem Schultheißengericht. Mit seinem Stockmeister und dessen Steckenknechten sorgteder Profoss gegen die Zahlung eines Gewinnanteils für den Schutz und die Sicherheit von Händlern, Handwerkern und den Huren im Lager. Der Profoss durfte als einziger das Regiment ein paar Tage vor der allgemeinen Entlassung verlassen: Vermutlich, um untertauchen und möglicher Rachetaten entgehen zu können.

STOCKMEISTER, STECKENKNECHTE und NACHRICHTER

Der Stockmeister und seine Steckenknechte sind mit der heutigen Exekutive zu vergleichen. Sie sorgten – notfalls unter Anwendung von Gewalt – für die Einhaltung der Vorschriften und den Lagerfrieden. Der Stockmeister vertrat zudem den Profoss, teilte die Lagerwache ein und überwachte die Durchführung dieser. Der Nachrichter war der Henker im Regiment. Er war meist durch einen roten Umhang und eine Rote Feder zu erkennen, sowie einem Richtschwert und einem Stick am Gürtel.

DER HURENWAIBEL

Der Huren- oder Trosswaibel war verantwortlich für den schwer zu führenden Tross, welcher das Regiment begleitete. Als Trosswaibel war er verantwortlich für alle zivilen Mitreisenden, sowie Fuhrwerke, Zugtiere und Schlachtvieh. Er organisierte zudem Hilfsarbeiten des Trosses wie der Befestigung des Lagers. Im Gefecht musste der Hurenwaibel für den Schutz des Trosses vor feindlichen Angriffen und Plünderungen sicherstellen.Als einer der untersten Offiziere, war die Position des Hurenwaibels die nahezu einzige Möglichkeit einfacher Landsknechte, in der militärischen Rangfolge aufzusteigen.

DER TROSS

Zum Tross zählten unter anderem Marketenderinnen und Marketender, Händler, Handwerker, Bäcker, Metzger, Fuhrleute, Schankwirte, Sudler, Prostituierte, Trossbuben und die Frauen und Kinder der Söldner. Sie zogen mit Wägen, Karren und Tragtieren mit dem Regiment umher. Der Tross war für die Versorgung und Logistik eines Regimentes in jeglicher Hinsicht zuständig und daher unabdingbar: Versorgung und Verpflegung, An- und Verkauf der Beute, Verbandsplatz und Lazarett, Vergnügungsangebot durch Ausschank, Glücksspiel und Prostitution. Er unterstand den direkten Befehlen des Hurenwaibels und der Polizeigewalt durch den Profoss und seines Stockmeisters und dessen Steckenknechte. Markt, Lager- und Zugordnung wurden von ihnen überwacht. Neben der Versorgung mit Speis und Trank nahm der Tross auch verschiedenste Hilfsarbeiten wahr, wie z.B. das Befüllen der Schanzkörbe, die Aushebung der Schanzgräben und dem Flechten von Reisigbündeln. Außerdem boten die Mitglieder des Trosses – insbesondere die Handwerker und Händler – vielerlei Güter und Dienstleistungen an. Oftmals wird die Rolle des Trosses unterschätzt, da die Wichtigkeit und die Komplexität der logistischen Herausforderungen neben den ‚großen Heldentaten‘ auf dem Schlachtfeld meist untergehen.

Abb. Beham, Hans Sebald (1530): Heerestross (Serie aus vier Bildern)

DIE ARTILLERIE

Die Artillerie im Regiment kann in zwei Sparten aufgeteilt werden:

  • Die Belagerungsartillerie bestand aus großen, schweren Geschützen und wurde aufgrund ihrer Durchschlagskraft und ihres Gewichts zum Beschuss von Städten und Burgen hergenommen
  • Die Begleitartillerie enthielt kleine und wendige Kanonen und war vor allem auf dem Schlachtfeld vertreten, um sie gegen gegnerische Söldner eingesetzt

Bestehend aus Geschützen aller Arten und Kalibern kam diese Waffengattung durch unterschiedlichste Taktiken zum Einsatz: Von den schweren Stücken der statisch eingesetzten Belagerungsartillerie zum sturmreif Schießen von Befestigungsmauern, bis hin zu kleinen und agilen Feldgeschützen, welche dem Fußvolk in der Bewegung Feuerunterstützung leistete, indem sie Lücken in die heranrückenden Gevierthaufen rissen und so für Panik und Verwirrung sorgten.

Die Artillerie war direkt dem Locotenenten und nicht den einzelnen Fähnlein unterstellt. Ihr direkter Befehlshaber war der Zeugmeister. Dieser war auch verantwortlich für die Beschaffung von Schwarzpulver und Kugeln. Der Stellvertreter des Zeugmeisters war der Feldzeugmeister. Dieser war in erster Linie für die militärische Umsetzung der Kriegsstrategien und für die Verteidigung der Artillerie zuständig.

Abb. Schön, Erhard (1. Hälfte des 16. Jhd.): Belagerung von Münster

Die Reiterei

Die Reiterei oder Reisigen waren die letzten Ausläufer des Rittertums, welches mit der neuen Art der Kriegsführung immer mehr an Bedeutung verlor und sich hauptsächlich aus adligen und Patriziern zusammensetzte. Durch die gehobenere Abstammung der Reisigen war das Verhältnis zu den Fußtruppen nicht selten spannungsgeladen. So hielt sich die Reiterei auch nicht an die Musterordnung und stellte sich nicht mit in die zwei Reihen, sondern versammelte sich gemeinsam etwas abseits und ging geschlossen zur Musterung.

Die Reiterei kann in zwei Kategorien eingeteilt werden:

  • Die gepanzerten/schweren Reiter: Sie scheuchten den gegnerischen Haufen auf und zerstreuten ihn. Dies geschah durch klassische Reiterangriffen mit Lanzen. Des Weiteren nahmen sie das Nachsetzen hinter fliegenden Truppen wahr, welche dann durch sie von hinten überrollt wurden
  • Die leichte Reiterei: Sie war meist mit Arkebusen, oder Armbrüsten ausgestattet. Diese wurden eingesetzt, um schnelle Sturmangriffe auf das gegnerische Heer auszuführen. So ritten die Reisigen auf das gegnerische Heer zu, schossen und zogen sich zurück. Dieser Vorgang wurde einige Male wiederholt. Ebenso wurden die leichten Reisigen eingesetzt, um trockenen Boden aufzuwirbeln, damit die eigenen Truppen unerkannt hinter die feindlichen Linien ziehen konnten

Die Reiterei, bestehend nun nicht mehr ausschließlich aus Rittern mit Vollharnischen und ihren berittenen Pagen und Waffenknechten die nach und nach vom Schlachtfeld verschwanden, sondern auch neu aufkommend, halbschwer gerüstete Lanzenträger und auf leichten Pferden sitzende Schützen.

Aufgabe der vollgepanzerten, schweren Reiter war es in Formation gegen die Gevierte des Fußvolkes anzureiten, um die geschlossenen Formationen aufzubrechen. Danach würden die halbschwer gerüsteten Reiter in die Flanken stoßen, um das Geviert weiter zu schwächen und auch flüchtende Gegner niederzumachen. Die berittenen Schützen nutzten die Geschwindigkeit der leichten Pferde, um den Gegner schnell zu umgehen und sich dann abgesessen in optimale Schusspositionen zu bringen.